„Ich war bereits um die zehn Jahre lang als Eheberaterin tätig, bevor ich etwa Hundert Paare interviewte, um herauszufinden, wie diese Beziehungen verlaufen waren. Ich stellte ihnen eine Reihe von Fragen, vor allem aber wollte ich wissen, wie sich ihre Beziehung im Laufe der Zeit vom Kennenlernen bis jetzt verändert hatte.
Einige Paare waren seit drei Jahren zusammen, andere seit fünfzig Jahren. Es waren also auch sehr alte Herrschaften dabei.
Dabei fand ich fünf Phasen, welche von Paaren durchlaufen werden.
Viele meinen ja, sie wüssten, was Verliebtheit bedeutet; sie verwechseln es mit einer Betonung der Gemeinsamkeiten. „Wir sind füreinander geschaffen“. „Du liest die Zeitung im Bett? Das mache ich auch gerne ....“
In dieser
Phase nimmt alles eine gewisse Verklärtheit an. Und in der Tat ist es eine
gesunde Zukunftsvision dessen, was möglich ist und bringt bei beiden
Partnern die besten Seiten hervor. Wir zeigen unsere Sonnenseite, und
das ist an sich gut, weil es das Potenzial der Beziehung zeigt.
Dann
erreichen wir einen Punkt, an dem wir uns sicherer fühlen und unsere
Unterschiedlichkeiten ausgeprägter zutage treten. Vielleicht trank er
anfangs manchmal etwas über den Durst, aber ich habe darüber
hinweggesehen, weil ich mir dachte, das würde sich mit der Zeit schon
legen. Wir geben uns gar manchen Wunschvorstellungen hin.
Der andere ändert sich aber nicht so, wie wir uns das erhofft hatten. Diese
Phase nennen ich die Machtkampfphase. Der andere soll sich ändern, damit wir uns selbst besser fühlen. Das ist die Phase, in der es
Vorwürfe gibt, in der uns der andere seine Liebe bestätigen soll, damit wir uns geborgener fühlen.
Wir erkennen nicht, dass
unsere Geborgenheit viel mit uns selbst zu tun hat. Letztendlich geht es
auf dem gesamten Weg eines Paares um eine bewusste gemeinsame
Weiterentwicklung. Nach den Gesprächen mit diesen Paaren wurde mir klar,
dass es nicht nur darum geht, miteinander glücklich zu sein, sondern
gemeinsam zu wachsen, sich spirituell weiterzuentwickeln.
Die
Machtkampfphase ist oftmals durch einen Teufelskreis geprägt:
„Wenn sie mir bloß meine Ruhe ließe. Ich würde dann schon wieder auf sie zukommen.“
„Wenn du dich nicht rargemacht hättest, bräuchte ich dir
nicht nachzulaufen“.
In dieser Phase brauchen wir gute
Kommunikationsfähigkeiten. Manchmal brauchen wir auch professionelle
Hilfe oder sollten zumindest gute einschlägige Bücher lesen.
Paare, die lange genug zusammenbleiben, um es durch die Machtkampfphase zu schaffen, gelangen in eine sehr wichtige Phase: Die Stabilitätsphase.
In dieser Phase erkennen wir, dass die äußeren Streitigkeiten ein
Spiegel der inneren Zerstrittenheit sind. Ich erkenne zum Beispiel, dass
ich noch Probleme damit habe, alleine zu sein. Und der andere hat noch
Probleme mit Nähe, ohne sich dabei zu verlieren. Das sind nur Beispiele.
Die Partner erkennen aber, dass es bei allem, worüber sie streiten, zum
Beispiel großzügiges Geldausgeben im Vergleich zum Sparen, oder
Stubenhocker im Vergleich zur Partynudel oder andere Polaritäten, um
eine Spiegelung ihrer inneren Zerrissenheit geht.
In der
Stabilitätsphase übernehmen wir die Verantwortung für unser eigenes
Leben. Wir haben den Sprung geschafft, nicht mehr vom Partner eine
Änderung zu erhoffen, sondern erkennen nun, dass wir jedes Mal, wenn der
Partner eine Verärgerung in uns auslöst, bei uns selbst noch einen
inneren Heilungsnachholbedarf haben.
Für mich war das eine großen
Offenbarung, weil ich selbst noch nie so weit gekommen war. (Ich war
Ende Zwanzig, als ich diese Untersuchungen durchführte. Diese Paare
waren also eine große Inspiration für mich).
Die nächste Phase, in der die Paare wirklich eine reife Beziehung eingehen, nenne ich die Bekenntnisphase (Verbindlichkeit). In dieser Phase wächst das Paar zu einem Wir-Gebilde zusammen. Wir werden interdependent. Wir erkennen, dass wir ein einziges Energiefeld bilden und uns gegenseitig beeinflussen.
Man stellt mir manchmal die Frage, ob wir nicht von Anfang an ein Bekenntnis brauchen, um überhaupt so weit zu kommen. Meine Antwort: Ein Bekenntnis, das vor der Machtkampfphase abgegeben wird, bedeutet im Grunde nicht viel. Es ist nicht fundiert.
Wir müssen gewisse Dinge und
nicht zuletzt Eigenverantwortung erst lernen, um zu einer Phase des
gegenseitigen Bekenntnisses zu kommen. Das verlangt uns viel innere
Arbeit ab und wird uns nicht geschenkt. Erst wenn wir uns durch unsere
Unterschiedlichkeiten durchgearbeitet haben, können wir gemeinsame Pläne
schmieden.
In der fünften Phase bringen wir unsere
Talente, Interessen oder Fähigkeiten zusammen und bieten auf der Basis
unserer einzigartigen Erkenntnisse oder Persönlichkeiten etwas
Wertvolles an."
Englische Originalbezeichungen der fünf Phasen:
1.
Romance
(Wir verlieben uns)
2.
Power Struggle
(Wir streiten oder trennen uns wieder)
3.
Stability
(Wir verschmelzen zu einem Wir)
4.
Commitment
5.
Co-Creation / Bliss