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Freisein durch Bindungvon C. Terry WarnerAuszüge aus dem Buch "Bonds That Make Us Free" als Vertiefung zum I-Buch So gewinnen Sie Ihr Herzblatt wieder für sich
Eines Tages, als ich es verlor Susan und ich nannten einen unserer Söhne Matthew; das bedeutet "Geschenk Gottes". In den ersten Monaten seines Lebens tanzte ich manchmal um seine Wiege herum, im Pijama - und sang dazu. Einige Lieder habe ich mir selbst ausgedacht, andere hat mir meine Mutter beigebracht und eines stammte von meinem Großvater: Matthew, Matthew war ein guter alter Mann Wusch sein Gesicht mit einem Schwamm Kämmte sein Haar mit einem Wagenrad Und starb, weil er auf 'ne Schlange trat. Susan lachte dazu. Es war eine schöne Zeit! Dreizehn Jahre später erschien Mathew eines Tages in der Badezimmertür und brülle: "Wann reparierst du das denn endlich?" Die Toilette im Erdgeschoss war seit einigen Tagen schon außer Betrieb. Matthew musste deshalb einen Stock nach oben gehen, wo ich die Windeln unseres Neuzuwachses wechselte. Ich schloß meine Augen einen Moment lang und musste mich erst fassen. Meine Ohren fingen an, sich leicht zu erhitzen. Wie konnte er sich erdreisten, in diesem Ton mit seinem Vater zu sprechen? Ich wurde nicht laut. Ich legte die übel riechende Windel wieder in die Ablage zurück und beobachtete meinen Sohn, wie er steif im Korridor stand, mit verschränkten Armen, auf Antwort wartend. Sehr langsam sagte ich: "Ich werde keine Frage beantworten, die man mir in diesem Ton stellt!" "Soll das heißen, dass du nicht mal mit deinem eigenen Sohn spricht - oder wie?" Was mir als nächstes in den Sinn kam, habe ich Gott-sei-Dank nicht ausgesprochen. Sonst hätte ich gesagt: "Zumindest nicht, solange er so respektlos herumbrüllt" Dennoch war in seinen Augen ein herausforderndes Ach so? zu sehen. Einen kurzen Augenblick lang schoß mir eine Erinnerung durch den Kopf: Ich sah seine klaren Augen und ein beherztes Benehmen als er im Alter von neun Jahren das Musical "Wells Fargo Wagon" sang. Wie konnte dieses goldige Kind bloß in einen Teenager mutieren, den ich - zumindest jetzt - am liebsten aus meinem Blickwinkel verbannt hätte? Ich nahm alle meine Geduld zusammen, dachte kurz daran, ihm zu erklären, dass ich das WC am Nachmittag reparieren würde, entschloss mich dann aber dazu, ihm keine Anwort zu gönnen. Er hatte sie nicht verdient. Der zunehmende Druck des Schweigens machte ihn verlegen. "Also gut..." presste er schließlich heraus und machte sich aus dem Staub, lief durch das ganze Haus, rüber zu den Hickmans. Wahrscheinlich, um deren Klo zu benützen. "Mein lieber Schwan", hörte ich mich sagen. Hatte ich nicht mit absoluter Selbstbeherrschung reagiert? Hatte etwa Matthew nicht über die Stränge geschlagen? Was kann ein Vater denn in einer solchen Situation sonst tun? Ich nahm das Baby hoch und redete mir ein, dass ich diese Episode möglichst schnell vergessen sollte. Keine halbe Stunde später hörte ich Matthew mit Susan im Waschraum reden. Er beklagte sich darüber, dass ich nicht davor zurück scheute, seine eigenen Kinder mit Schweigen zu bestrafen. Susan ging darauf nicht ein. Sie versuchte nicht einmal, ihn zu korrigieren! Alles was ich neben den Beschwerden Matthews hören konnte, was das Summen des Trockners und das Einschnappen des Verschlusses, wenn neue Kleider eingelegt wurden. Konnte Susan denn nicht sehen, dass er sie um den Finger wickelte? Ich entschloß mich dazu, nach unten zu gehen, um zu sehen, ob das kaputte WC nicht etwa überlief. Ich wollte Susan und Matthew nicht noch mehr Munition gegen mich in die Hand geben. Auf der Treppe fiel ich beinahe über einen Haufen Kleider, den Matthew einfach dort liegen gelassen hatte. "Was tun denn diese Klamotten hier?" hätte ich beinahe geschrien. Beinahe. Aber ich blieb ruhig. Plötzlich wichen alle meine wütenden Gedanken der Stille. Bereits auf der nächsten Treppenstufe war mir alles klar: Zum ersten Mal. Als ob Licht durch einen Spalt in das Dunkel meines Geistes gedrungen wäre. Ich hatte meinen Sohn als Feind betrachet! Wie hatte ich das tun können? Wie hatte es mir Befriedigung verschaffen können, ihn bei einem Fehler zu ertappen? Wie konnte ich jemanden, den ich liebte, so herabwürdigen? Die klassische Haltung war mir sehr wohl bekannt: Man muss einen Jungen hart anpacken, der sich so benimmt; das kann man ihm nicht durchgehen lassen; zeig ihm, wer das Sagen hat; entziehe ihm seine Vorteile. Wenn ich das getan hätte, hätte ich mich noch übler gefühlt. Das Wichtige war nicht, dass er sich daneben benommen hatte. Vielleicht hatte er das, aber darauf kam es nicht an. Worauf es ankam, war, dass ich mich ihm gegenüber daneben benommen hatte! Wie konnte es soweit kommen? Matthew war noch ein Kleinkind als seine Schwester Emily zur Welt kam. Während Susan im Krankenhaus war, gingen wir überall gemeinsam hin: Er und ich. Wie gute Freunde. Niemand hatte mich jemals vertrauter angesehen. Am Nachmittag, als ich eigentlich Unterrichtsstoff vorbereiten sollte, spielten wir zusammen und gegen Abend zogen wir durch die Gegend. Solange das Herbstlicht es erlaubte. Wir waren locker und entspannt und gingen großzügig miteinander um. Er war zwar erst ein Jahr als, schien aber alles zu verstehen.
Wieso regte ich mich über ein paar Kleider auf dem Treppenabsatz auf? Ich selbst stolperte über Wahrheiten, die überall in meinem Gedächtnis herumlagen. Meine Gedanken und Worte im Badezimmer waren gemein und kleinkariert gewesen. Ich hatte mich selbst dafür beglückwünscht, dass ich Matthew nicht anschrie, aber war mein scheinheiliges Schweigen nicht genauso schlimm wie ein Ohrfeige? Weiter |
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