Wieso entwickelt sich
der Mensch?




Schenkt man den einschlägigen wissenschaftlichen Veröffentlichungen Glauben, so tragen wir mit uns ein Potenzial herum, das zu 85 bis 95% brachliegt.

Wir sprechen von unserem Gehirn.

Das ist natürlich eine enorme Verschwendung.

1977 ging der Nobelpreis für Chemie an Ilya Prigogine (sprich: "Prigoschin"). Er wurde für eine Arbeit ausgezeichnet, die sich mit so genannten "dissipativen Strukturen" befasste.

Prigogine arbeitetet im Bereich der Thermodynamik, also der Wärmelehre. In diesem Teilgebiet der Physik war den Wissenschaftlern seit mehr als einem Jahrhundert ein Widerspruch zwischen zwei Naturgesetzen bekannt:

Einerseits besagt das zweite Gesetz der Thermodynamik, dass die Zufälligkeit oder das Chaos - der Fachausdruck hierfür lautet "Entropie"- im Universum ständig zunehme.

Andererseits erscheint vieles, so zum Beispiel auch das Leben, immer geordneter zu werden, also weniger zufällig.

Den Wissenschaftlern war also nicht klar, wieso auf der einen Seite mehr Entwicklung und Wachstum vorhanden war, während die Gesamttendenz im Universum auf weniger Ordnung hinauslief.

Prigogine entdeckte nun, dass die "offenen Systeme", das heißt, die Systeme, die Energie und Materie mit ihrer Umgebung austauschen können, ihre Struktur nicht nur beibehalten, sondern sogar in etwas Komplexeres wachsen können, weil sie Entropie so in ihre Umwelt abgeben können, dass dort die Menge an Entropie insgesamt zunimmt.

Ein offenes System - und der Mensch ist ein solches par excellence - ist ein Energiefluss.
Wir Menschen nehmen ständig Licht, Luft, Wasser, Wärme, Nährung oder Informationen auf und geben Kohlendioxid, Wärme, Ausscheidungen und Handlungen an unsere Umwelt ab. Wir sind also nicht mit einem Schlauch zu vergleichen, durch den nur etwas fließt, wir sind wesentlich mehr:

Wir sind der Fluss!

Offene Systeme sind sehr plastisch und können ziemlich viele Aufs und Abs aus der Umwelt verkraften, dennoch hat jedes System - also auch jeder Mensch - eine Obergrenze; ab einem bestimmten Punkt wird es zu viel für ihn. Wenn das Hin und Her in der Umwelt für ihn zu viel wird, kann er nicht mehr genügend Entropie abgeben, und fängt dann an, chaotisch und instabil zu werden. Es reicht ihm.

Falls diese Außeneinwirkungen dennoch weitergehen, gelangt er schließlich an einen Punkt, der das Fass zum Überlaufen bringt. Das wirkt sich bei jedem anders aus und kann eine Vielzahl unvorhersagbarer Reaktionen ausllösen.

Diesen Punkt hat Prigogine den "Bifurkationspunkt" genannt (Bifurkation = Aufzweigung). Das ist die Stunde der Wahrheit. Entweder bricht das System jetzt komplett zusammen oder es ordnet sich neu. Erstaunlich dabei ist, dass das neue System, falls es zu einer Neuordnung kommt, mit dem vorhergehenden keinen linearen Zusammenhang besitzt. Es ist eine Art Quantensprung, vergleichbar mit Tod und Wiedergeburt. Der wesentliche Punkt ist jedoch, dass diese neue System jetzt mit diesen Fluktuationen in der Umwelt, die das führere System zusammenbrechen ließen, ohne weiteres umgehen kann. Prigogine schrieb: "es flüchtet auf eine höhere Ordnung".

Wie können wir diese Erkentnisse für eine positive Lebensgestaltung nutzen?

Wir haben gesehen, dass das menschliche Gehirn ein enorm offenes System ist; es tauscht ständig Energie mit seiner Umwelt aus. Wenn es für den betreffenden Menschen jedoch zu viel wird, muss er sich irgendwie "Luft machen". Das kann sich auf verschiedene Art und Weise äußern. Der eine muss sich seinen Kummer von der Seele reden, der andere braucht körperliche Bewegung, oder schreit herum oder greift zu Alkohol, Drogen oder gibt die Energie auf sexuelle Weise ab. Wieder andere ziehen sich zurück und versuchen, den Energiefluss zu blockieren. In Extremfällen kann dies zu Depressionen führen.

Langfristig haben solche Verhaltensweisen nicht viel Wert, wenn das System bei anderer Gelegenheit wieder überreizt wird, wiederholt sich wieder dasselbe unproduktive Verhalten.

Ein Weg, die Schwelle der Ertragbaren zu erhöhen, geht über die Meditation. Allerdings ist dies kein Weg, der jedem liegt; es dauert lange, bis man in den langsameren Schwingungsbereich der Theta- und Delta-Wellen gelangt, häufig jahrelang. Aber es ist eine Möglichkeit, das noch brach liegende Wachstumspotenzial besser auszunutzen.

Die Meditation hat eine Reihe unbestrittener Vorteile: Das Gehirn erzeugt größere Mengen an Endorphinen, das sind die Heizelmännchen, die den mit dem Wachstum einhergehenden Schmerz in Gefühle der Friedlichkeit und des Wohlbefindens verwanden.

Die Meditation wirkt wie ein Reinigungsfilter, wir sehen die Dinge klarer.

Der Blutdruck normalisiert sich, es wird Stress abgebaut, Schlafstörungen verschwinden, die Lebenskraft wird gestärkt, sogar der Alterungsprozess scheint sich zu verlangsamen ...

Das wäre doch einen (mehrjährigen) Versuch wert?!